Ich mag ihn nicht mehr sehn, den Winter, der ein kalter Sommer war. Dieses Jahr ist alles früher als sonst, die Natur und auch unsere erste Mopedtour. Seit Jahren herrscht bei uns wie bei vielen anderen Bikern die Tradition, im April die erste Ausfahrt der Saison anzutreten. Wie vom Wetterdienst verkündet schiebt sich die Sonne am Sonntag früh, 1.4.07, viel versprechend unaufhaltsam empor. Die Yamaha TDM 900 steht vor der Tür und fängt bereits die ersten Sonnenstrahlen ein. Im Jabachtal, kurz hinter Lohmar (Rhein-Sieg-Kreis), biegen wir links ab in meine Lieblingsstrecke. Zwei, drei Schräglagen, und schon stellt sich das abhandengekommene Kurvenfeeling wieder ein - ich ertappe mich, ein wenig zu flott zu sein. Eine fantastische Motorradstrecke tut sich da auf. Links und rechts der Route öffnen sich die schon jetzt blühenden Rapsfelder. Manch einer zieht es heute ins Bergische Land – logo – der Landstraßen wegen. Enge und weite Bögen, Kehren, bergauf und bergab. Viele Kurven später erreichen wir einen Treffpunkt für Motorradfahrer “Landhaus Fuchs“. http://www.landhaus-fuchs.com/
Im Biergarten haben sich schon einige Biker niedergelassen, da es aber erst kurz vor 11:00 Uhr ist, kommt für uns eine Rast noch nicht in frage. Über Marienheide kommen wir zum Brucher Stausee der zur jetzigen Zeit noch keine Boote trägt – aber es hat bei diesem sonnigen Wetter schon viele Spaziergänger hierhin verschlagen. Ein paar Gasbewegungen weiter kommt der Aggerstausee in Sicht. Auf einer sanft dahin mäandernden Uferstraße bewegen wir uns zur Staumauer. Von hier hat man einen super Blick auf den Stausee. Wegen Reparaturarbeiten der Staumauer musste die Aggertalsperre im Jahre 2002 komplett abgelassen werden. Aus diesem Grund konnte ich damals deren Boden betreten - ein Erlebnis der besonderer Art. Nach dem Aggerstausee peilen wir nun den Unnenberg an. Auch hier ein Treffpunkt für Motorradfahrer, aber schon 502 m hoch gelegen. http://www.turmgaststaette-unnenberg.de
Hier wurde ein Stopp eingelegt, damit uns der Magen nicht in den Kniekehlen hing. Inmitten unserer super Stimmung merkten wir gar nicht, dass uns die Zeit davon lief. Orkan Kyrill verursachte im Januar 2007 durch seine Gewalt auch im Bergischen Land katastrophale Schäden was mir sofort auffiel, denn seit dem wir hierhin fahren, konnte ich vom Unnenberg noch nie auf den Aggerstausee gucken da mir die Fichten stets die Sicht versperrten. Weiter geht es über Lieberhausen gemächlich in den schon gewohnten Schräglagenwechsel. Wolkenloser Himmel, windstill und endlich richtig warm. Die Sonne wärmte jetzt schon spürbar meine schwarze Lederhose. Der Frühling zeigt sich von seiner schönsten Seite. Breites Dauergrinsen hinterm Visier. Die schmale, holprige Straße hinauf nach Wiedenest versteckte sich früher im dichten Fichtenwald, der die Sonnenstrahlen ratzeputz verschluckte – auch hier hat der Orkan Kyrill seine Spuren hinterlassen. Ein paar Kilometer weiter laufen wir ins Bröltal ein, ein Paradies für kurvensüchtige Biker. Doch meine Angelika mag das Bröltal überhaupt nicht – wegen den risikobereiten Heizern mit ihren traditionellen Unfällen am Saisonstart. Also geht’s hinter Waldbröl rechts ab in Richtung Nümbrecht, in risikoärmere Höhen. Mit glücklichen Gesichtern und einem geilen Kurvengefühl trudelten wir abends wieder in unserer gewohnten Umgebung ein. Tja, alles hat mal ein Ende. Aber wir haben uns geschworen im Sommer wiederzukommen. Motorrad fahren im April – ein Fest der Sinne. Dieses Bewusstsein vertieft die Emotionen, jede Kurve fühlt sich doppelt so gut an, jeder Gasstoß erzeugt ein Kribbeln im Bauch.
Karl-Heinz