Obgleich ein Bestseller aus dem Jahr 2014 ist mir dieser Roman erst vor kurzem in die Hände gefallen.
Da ich ihn aber sehr spannend fand, möchte ich ihn trotzdem noch empfehlen, zumal die Thematik nach wie vor brandaktuell ist:
Es geht kurz gesagt um das heutige und künftige Online-Leben inmitten millionenfacher News, Feeds, Tweets, Threads, Likes, Frowns, etc. auf dem Weg zur totalen Transparenz mit nahezu ständiger Überwachung und dem Verlust jeglicher Privatsphäre.
Zur Geschichte:
Die junge Protagonistin Mae wähnt sich im Himmel, als sie durch Schützenhilfe ihrer Studienfreundin Annie eine Jobzusage beim weltweit dominierenden Internetriesen „The Circle“ bekommt. Zugrundeliegende Geschäftsidee dieser Internet-Supermacht aus San Francisco ist die Zusammenführung von Online-Nutzerprofilen in ein allumfassendes System mit dem Ziel einer totalen Transparenz mit maximaler Verknüpfung.
Voller Enthusiasmus nimmt Mae ihre neue Aufgabe im Bereich „Customer Experience“ auf, wo sie schon früh merkt, dass der geforderte Arbeitseinsatz enorm ist. Doch hoch motiviert und ehrgeizig wie sie ist nimmt sie die Herausforderung an und erbringt schon in Kürze beachtliche Leistungen, die sie schon bald in der Hierarchie aufsteigen lassen.
Obgleich sie sich anfangs noch darüber wundert, wie unerwünscht Privatsphäre seitens des Circles ist, ist sie zunehmend berauscht von dem Konzern und dem, was er seinen Mitarbeitern alles bietet, wie z.B. erstklassiges, kostenfreies Kantinen-Essen, Sport- und Wohnmöglichkeiten auf dem Unternehmens-Campus, Parties, Events, Zugang zu modernster Technik und sogar eine Krankenversicherung für ihren an MS erkrankten Vater.
Der Preis dafür ist jedoch hoch, wenn auch nicht in Maes Wahrnehmung. Schließlich stimmt sie sogar zu, ständig eine Web Cam am Körper zu tragen, um als Botschafterin des Circles den Kunden die neuesten Produkte und Messages des Konzerns nahezubringen, und damit letztendlich ihren letzten Rest an Privatsphäre zu opfern.
Ein bisschen Privatleben hat Mae aber doch noch – immerhin genug, um sich eine Affäre mit einem gleichgesinnten „Circler“ zu gönnen und einen weiteren für sie interessanten Mann auf dem Unternehmens-Campus kennenzulernen, der jedoch eher wie ein „Anti-Circler“ anmutet und sich sehr geheimnisvoll gibt ...
Derweil entwickelt der Circle fleißig weitere neue Technologien, die den normalen User noch mehr ausspähen und kontrollieren.
Und anstatt sich dagegen zu wehren, anstatt diese freiheitsfeindlichen Technologien zu kritisieren, zu hinterfragen oder gar zu verbieten, schreit die große, verblendete Mehrheit „Hurra!“ und lässt sich freiwillig auf diese ein in dem Glauben, mittels dieser neuen Technologien den Weg für eine vollkommene Demokratie zu ebnen, in der selbst Politiker transparent und ehrlich sind und niemand etwas Böses mehr tut, weil ja jeder unter ständiger Beobachtung steht.
Maes Eltern hingegen distanzieren sich zunehmend von der „Circle-Welt“ und ihr Ex-Freund Mercer aus früheren Zeiten will gar ganz aussteigen und dem digitalen Überwachungs-Wahn entfliehen …
Ich fand das Buch sehr spannend zu lesen:
Einerseits mitzuerleben, wie die gutgläubige Mae mehr und mehr vom Circle assimiliert wird, andererseits nochmal anschaulich vor Augen geführt zu bekommen, wie transparent, nachverfolgbar und vorhersehbar man im Netz bereits ist.
Das Ende kam dann fast ein bisschen plötzlich und überraschend, aber durchaus passend.
Übrigens: Dave Eggers‘ aktueller Roman „Every“ ist die direkte Fortschreibung des Circles. Den werde ich auf jeden Fall lesen.
Und noch ein Wort zur Verfilmung von „The Cricle“:
Ich habe mir den Film nach dem Lesen des Buches angeschaut – umgekehrt macht es wenig Sinn. Das Buch ist besser. Das Schlimmste an dem Film ist, dass er etwas Wichtiges viel zu früh verrät und das Ende dann auch noch völlig gegensätzlich zur Romanvorlage ist. Schade, trotz guter Hauptdarsteller (Emma Watson, Tom Hanks).
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