Ich habe mal wieder ein sehr tolles Buch gelesen, das ich nur empfehlen kann:
„Zugvögel“ von Charlotte McConaghy.
Der Roman spielt in einer womöglich nicht allzu fernen Zukunft, in der die Folgen des Klimawandels und der Ausbeutung natürlicher Ressourcen zu einem weltweiten Artensterben längst befürchteten Ausmaßes geführt haben, so dass es mittlerweile auf der ganzen Erde keine freilebenden Säugetiere mehr gibt.
Auch Fische und Vögel gibt es nur noch vergleichsweise wenige und die Küstenseeschwalbe scheint der einzig noch verbliebene Zugvogel zu sein.
Vor diesem Hintergrund plant die Protagonistin Franny, deren Leben ähnlich rastlos wie das eines Zugvogels erscheint, die womöglich letzte Migration der Küstenseeschwalben von ihren arktischen Brutplätzen in ihre antarktischen Überwinterungsgebiete zu verfolgen. Um dies zu realisieren, bleibt ihr keine andere Wahl, als ausgerechnet auf einem der wenigen verbliebenen Fischerboote mitzureisen, also genau mit denjenigen den Vögeln hinterherzufahren, die aus ihrer Sicht für die Ausrottung von Tierarten direkt mitverantwortlich sind.
Die Crew ihrerseits und insbesondere Kapitän Ennis sind ebenfalls nicht begeistert von der Anwesenheit einer unerfahrenen Landratte an Bord, doch der Hoffnungsschimmer, durch die Verfolgung der Zugvögel doch noch den „goldenen Fang“ im nahezu leergefischten Meer zu machen, besiegelt den Deal.
Abgesehen von ihrer gegenwärtigen Mission ist Franny zugleich in Geschehnissen aus ihrer geheimnisvollen Vergangenheit gefangen – dem frühen Verschwinden ihrer Mutter, einer Tat ihres Vaters, einem Gefängnisaufenthalt, ihrer eigenen Suche nach der Wahrheit und der außergewöhnlichen Liebe zu ihrem Ehemann Niall, einem angesehenen Professor für Ornithologie, dem sie von unterwegs Briefe schreibt, die jedoch nie versendet werden (können).
In Rückblenden erfährt man nach und nach, was sich zugetragen und welche Bedeutung ihr Projekt tatsächlich hat.
Derweil gestaltet sich die Seereise in die Antarktis durch die stürmische, eisig kalte See alles andere als ungefährlich …
Mir hat diese Geschichte sehr gut gefallen, sowohl sprachlich als auch in ihrer Vielseitigkeit.
So ist z.B. das scheinbar konträre Verhältnis zwischen der Protagonistin und der Fischer-Crew sehr gut dargestellt:
Einerseits der Gegensatz zwischen Franny, die für den Artenschutz einsteht, und den Fischern, die immer so weiter machen wollen wie bisher - andererseits aber auch das Verbindende, das sie wiederum eint: Die Sehnsucht nach dem Meer und nach Freiheit.
Die Reise von Grönland in die Antarktis ist dann packend erzählt wie ein Schiffs-Abenteuerroman, es ist viel die Rede von Kälte, die immer wieder als zentrales Element in der Geschichte auftaucht und beim Lesen regelrecht spürbar wird.
Ein durchweg sehr schön und fesselnd erzählter Roman, der von seinem Hintergrund rund um Umweltzerstörung und Artensterben genau in unsere Zeit passt. Dazu gibt es gegen Ende in einer der zeitlichen Rückblenden noch eine überraschende Aufklärung einer noch offenen Frage bezüglich Frannys Vergangenheit.
Ein Roman, der geradezu schreit nach einer Verfilmung. Aber erstmal: Unbedingt lesen!
Noch mehr Buchtipps habe ich hier: Buchtipps aus der Schatztruhe