• Sonja hat heut ein Poetry Slam geschrieben und ich finds echt gut.
    Laut lesen und so wie einen Rap.

    ausdruckslos
    in gedanken gefangen
    neonreklamen
    keine namen
    nur worte, fremde orte
    rücken bedrohlich nah
    es scheint plötzlich so sonnenklar!
    die andern sind die bösen, die schlechten
    sie, die immer nur beten und schächten
    wir sind viel besser, vegan und bio- esser
    wetzen die messer nicht für mensch und tier
    eindeutig, GUT ist HIER!
    doch unser luxus geht auf kosten anderer
    frag einfach den nächstbesten wanderer.
    einen, der vor ort war, der dort war.
    der menschen und orte erkundete
    die erde umrundete.
    der die kinder und mütter weinen sah,
    der den menschen nahe war
    jemanden, der weiß, was wirklich dort passiert,
    der sah, wer da wirklich wen massakriert.
    der die giftigen dämpfe inhaliert in der fabrik,
    die für uns produziert.
    all unser gutsein wird von denen getragen
    die keine stimme haben.
    und wenn die nussschalen angeschwommen kommen,
    haben sie noch lange nicht gewonnen.
    front-ex macht sie kalt, lässt sie ersaufen
    die geschichten laufen
    vor unsren küsten wie fernseh- thriller
    und wir kaufen bei billa
    frischkäse zum schnäppchen peis
    was ist das für ein werbescheiss
    den wir hier vorgegaukelt kriegen
    während wir in unsren weichen federbetten liegen
    und uns vollfressen und vollsaufen
    wir sind so fett, wir können kaum noch laufen
    und unsre gehirne werden träge
    als ob alles nur am wachsen und fressen und fetter werden läge…
    das ist doch nicht das leben!
    wann hast du dich zuletzt gespürt?
    kalt, warm, hungrig, lustvoll, lebendig, fröhlich, verführt,
    ängste zeigen, vor anderen schreien vor schmerz,
    wir fressen sogar gefühle rein, bis unser herz
    da nicht mehr mitmacht,
    denn es sieht keinen grund mehr zu schlagen
    es würde so gerne zu uns menschen sagen:
    hört auf mein pochen,
    fühlt das leben!
    es kann euch so viel geben!
    auch ohne wirtschaft und wachstum und luxusgüter
    die sterne am himmel würden euch behüten,
    ihr seid getragen, geschützt und genährt,
    genug platz für alle, macht endlich kehrt,
    kein raum mehr für hass
    die herzen macht weit
    schluss mit gier, verfressenheit und neid.
    ihr seid alles menschen.
    menschen!
    nicht mehr.
    der planet, ein geschenk an euch
    die erde, das meer.
    all das schöne, das wunderbare
    all das helle, wahre, klare
    nehmt euch zeit
    schaut hin
    haltet inne und lasst das wunder wirken
    lasst die bäume wachsen,
    all die kiefern, eschen, birken,
    sie sind verwandt mit euch menschen
    sie helfen, sie stützen
    lasst euch von göttlichen kräften beschützen,
    wehrt euch nicht gegen die wunderbaren dinge
    wenn ein jeder zu singen anfinge,
    dann ginge der klang um die ganze welt
    und in diesem moment wäre alles erhellt.
    die töne würden uns tragen
    sie würden uns sagen
    ihr seid viele und stark!
    ihr seid kraftvoll, autark!
    und dann wäre plötzlich alles stumm vor staunen
    und es ginge ein raunen
    durch die massen
    und in dem moment
    würde keiner einen anderen hassen.
    dann wäre da endlich ein aufwachen und erkennen
    und wir würden vielleicht endlich aufhörn zu rennen
    würden stehen bleiben und zum ersten mal seit langem unsrem atem lauschen
    würden die abhängigkeit gegen freiheit tauschen
    unsre seelen würden tanzen und schwingen
    wir würden denen die nichts haben was zu essen bringen
    und alles wäre in dem moment so wie es IST
    bis einer die alte trägheit vermisst und
    all die guten dinge vergisst und
    anfängt zu labern von luxus und wachstum und so weiter…
    es wäre wie eiter
    in einer wunde die nicht heilt.
    eine nachricht, die in alle winkel eilt.
    und in kürzester zeit wären alle wieder
    im hamsterrad und alles wäre wie zuvor
    und wünschten es gäbe ein großes tor
    durch das man gehen kann
    und dann fängt alles wieder von vorne an.

    sonja raab

  • Hallo Maxi,
    für Poetry Slam und Rap bin ich jahrzehnte zu alt, das ist einfach nicht meine Welt.

    Aber wenn ich mir eine Hintergrundmusik dazu vorstelle und den Text nicht im harten Rhythmus vorgetragen sondern von 2 Stimmen moduliert, dann finde ich Sonjas neuestes Werk supergut!

    Grüße an sie - das hat sie wirklich toll gemacht!

  • MIch verwirrt etwas der Begriff "Poetry Slam" - denn das ist ein Dichterwettstreit.... Hat Sonja das denn für einen Dichterwettstreit geschrieben und will es also bei einem "Poetry Slam" vortragen? Okke geht ja mit einer Freundin regelmäßig zu Poetry Slams und hat uns zu Weihnachten geschenkt, dass er mal uns mitnimmt, so dass wir das kennen lernen können. Allerdings werde da ganz unterschiedliche Texte vorgetragen, als nicht unbedingt so etwas wie das, was Sonja jetzt geschrieben hat.
    Ich finde übrigens, dass man das nicht unbedingt und zwangsweise als Rap lesen muss -
    wenn man es allerdings nicht als Rap liest, dann wird es sehr lang in dieser Form.

    "Was gäbe ich für Küsse, wie kalte Kirschen, Zeit wie Sand am Meer.Was gäbe ich her, wenn jeder Tag wie der erste des Sommers wär" (Zitat aus dem Song "Engel" der Gruppe MIA)

    http://rosentaenzerin.wordpress.com/

  • Heike,
    eine Freundin die bei so nem Verein dabei ist hat Sonja gefragt ob sie es mal probieren mag und das ist ihr 1. Werk.
    Da soll man eine Geschichte, Aussage in kürzester Zeit vortragen - ich weis aber nicht wie lang man Zeit hat um das zu machen.
    Sonja ist ja auch bei nem Haiku Verein - das sind Japanische Gedichte die nach bestimmten Regeln gemacht werden - und sie schreibt für ne Zeitung. Schreiben ist einfach das ihre und sie probiert eben alles aus.

    Danke Angelika ich werds ausrichten. >""§

  • Ich kenne Poetry Slam nicht nur als "Dichterwettstreit", denn sowas gibt's selbst in unserer Stadt und die Gewinnertexte werden in der Zeitung vorgestellt: Da ist alles dabei, Text mit Harfenbegleitung, Hip-Hop etc.

    Was ich nicht wusste, dass es eine fixe Vortragszeit gibt, da ist Rap natürlich ein Vorteil.

    Und gute Haiku's liebe ich! Allerdings nicht die zeitgenössischen, die kenne ich nicht.

  • Poetry Slam ist der Begriff für den Wettbewerb, ein einzelner Text ist kein "Poetry Slam". "Dichterwettstreit" würde es eben doch am ehsten treffen. Insgesamt ist man während des Poetry Slam in seiner Vortragsweise ja doch recht frei. Meist hat man 5 bis 6 Minuten Zeit für seinen Text beim Poetry Slam.
    Beim eigentlichen "Poetry Slam" gibt es wenige Regeln - die sind aber dann doch einzuhalten:


    [li]Texte müssen selbstgeschrieben sein[/li]
    [li]keine Requisiten, Kostüme oder Musikinstrumente[/li]
    [li]Zeitbegrenzung[/li]

    Musikalische Begleitung des Textes hat bei einem Poetry Slam nichts zu suchen.

    Selbstverständlich gibt es auch noch Abweichungen - in Hamburg gibt es etwa auch einen Singer Slam, da wird natürlich gesungen, was bei einem "normalen" Slam nicht gern gesehen (bei einigen auch ausdrücklich verboten) ist.

  • Danke für die Aufklärung Okke. >""§
    Hab mich damit ja noch nie beschäftigt, hab nur Sonjas Text bekommen und sie sagte eben, ihre Freundin macht Poetry Slam und ich solls mir laut vorlesen und so etwa wie einen Rap betonen.
    Ob sie nun mehr macht oder dazu geht keine Ahnung.

  • Ich kenne so etwas gar nicht. Das ist auch nicht meine Welt, egal ob Poetry Slam, Rap oder Hip Hop. Da halte ich mich lieber an die alten Dichter, das verstehe ich schon eher. Wir haben gerade die Ballade von Schiller gelesen, Hero und Leander. ;)
    Haikus sind mir zu schwierig, da ich zu wenig von der Kultur Japans verstehe.

  • Macht ja nix Petra, ich wollte nur zeigen was es gibt, ich kannte es vorher auch nicht.
    Haikus hat Sonja schöne gemacht und wurde schon 2 mal in so ner Nationalbücherei oder wie das hieß in einem Buch veröffentlicht.
    Da gehts ja auch nach bestimmten Regeln, ich kanns nicht habs probiert.

  • Die westlichen Haikus unterscheiden sich aber doch sehr von den japanischen, finde ich. Es ist ja auch ein ganz anderer Kulturkreis.
    Ich finde es ja gut, dass Du den Poetry Slam hier reingestellt hast. :ppeace Die jungen Leute machen halt modernere Sachen. Das wird es auch immer wieder so sein. Meine Eltern haben uns nicht verstanden, was wir gut fanden (und ich verstehe manchmal die jungen Leute auch nicht mehr.) :ffffluestern

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