Meine Großmutter hat in den 70er Jahren ihre Lebensgeschichte aufgeschrieben. Ein großer Teil davon spielte sich im heutigen Polen ab und das war der Grund, weshalb wir nach Polen gefahren sind, natürlich mit Motorrad. Ich nahm meine BMW F 650 und Friedrich die Kawasaki ZL 600. Die Route habe ich schon vorher geplant und die Hotels auch vorgebucht.
Unsere erste Etappe führte uns nach Beelitz, dort wohnt eine Freundin, die wir gerne besuchen wollten. In Beelitz gibt es außerdem die Beelitz Heilstätten, ehemalige Arbeiter-Lungenheilstätten, die heute unter Denkmalschutz stehen. Eine Oase zum Fotografieren mit interessantem Hintergrund.
2. Etappe von Beelitz nach Posen, wir machten einen Stop in Frankfurt an der Oder, sie ist so ganz anders als ihre Namensvetterin, die ich gut kenne. Das Fahren in Polen ist sehr angenehm, wir fahren Autobahn. In Schwiebus machen wir einen Stop und schauen uns die Christusstatue an. Manche Etappen auf der Autobahn sind kostenpflichtig. Blöd, wenn man dann einen Schlitz sucht, um das Geld hineinzustecken.
Posen gefällt uns gut, untergebracht sind wir auf einem Campingplatz in einer Hütte, ein paar Kilometer vom Zentrum entfernt. Dort gibt es einen ausgezeichneten Inder! Wir machen einen Tag Fahrpasue und schauen uns die Stadt an.
3. Etappe von Posen nach Lodz - unterwegs machten wir einen Stop in dem hübschen Ort Wreschen. Die Stadt Lodz hat uns nicht so gefallen, die EU-Gelder scheinen hier nicht anzukommen. Es gibt viel Altes und Verfallenes. Wir hatten das schon gewusst, aber ich wollte die Stadt unbedingt kennenlernen. Im Nachhinein sage ich jedoch, es lohnt sich wirklich nicht.
4. Etappe von Lodz nach Kutno - es waren nur wenige Kilometer zu fahren, das war unsere kürzeste Strecke auf dieser Tour. Den Stop haben wir hier eingelegt, weil Friedrich Vater während des 2. Weltkrieges in der Nähe als Gutsverwalter eingesetzt wurde. Wir besuchten dort eine polnische Familie, der Vater war auch dort auf dem Gut als Kutscher eingesetzt. Das war dann die erste Reise in die Vergangenheit. Das Gut haben wir nicht mehr gefunden, es existiert nicht mehr.
5. Etappe von Kutno nach Grudziądz (Graudenz) - schon in Kutno bekam Friedrich am Abend fürchterliche Zahnschmerzen, was tun? Wir entschieden die nächste geplante Etappe zu fahren und dort einen Zahnarzt zu suchen. Unterwegs schafften wir es sogar noch einen Stop in der schönen mittelalterlichen Stadt Torun (Unesco Weltkulturerbe) einzulegen. Von dort fuhren wir nach Malankowo, dort lebten meine Großeltern 1927, mehr als ein paar Häuser fanden wir aber nicht. In Graudenz, schön an der Weichsel gelegen, bekamen wir noch am Abend einen Zahnarzttermin und der Zahn flog raus!
6. Etappe von Grudziądz nach Deutsch-Eylau, hier haben meine Großeltern von 1928 bis zu ihrer Vertreibung 1945 gewohnt. Wir besorgten uns neue und alte Straßenkarten in der Tourismusinformation und konnten somit auf den Spuren der Großeltern wandeln, denn wir hatten noch genaue überlieferungen, wo sie gewohnt hatten. Die Straßen heißen alle anders, aber wir haben es gefunden. Deutsch-Eylau liegt am Geserichsee, wenn es nicht so geregnet hätte, wäre es noch schöner gewesen.
7. Etappe von Deutsch Eylau nach Charzykowy - es ist eine schöne Gegend mit vielen Seen und Wäldern, wir haben dieses Etappenziel gewählt, weil meine Ur-Ur-Großeltern hier in dieser Gegend gelebt haben und mein Großvater 1887 in Bruß geboren wurde. So schauten wir uns verschiedene Orte an, wie Brusy (ehemals Bruß) und Konitz (heute Chojnice), machten eine schöne Tour um den See Charzykowskie.
8. Etappe von Charzykowy nach Danzig - auf dem Weg nach Danzig machten wir einen kleinen Umweg und besichtigten die Marienburg (Zamek w Malborku), ein sehr lohnenswertes Ziel (-> Ordensburg -> Deutschordensstaat). Mit dem Wetter hatten wir Glück nur die Weiterfahrt erwies sich als ätzend, eine riesige Baustelle auf über 60 Kilometern und das bei Regen. Danzig ist eine Stadt, die uns gefällt, sie wurde fast wieder eins zu eins aufgebaut, denn vieles wurde im 2. Weltkrieg zerstört. Einen ganzen Tag machten wir nur Sightseeing.
Halbinsel Hel, von Danzig aus starteten wir einen Tagesausflug zu der Halbinsel Hel. Ich habe mir etwas mehr von Hel versprochen und am Ende angekommen, wurden wir von einem touristischen Ort überrascht. Hier legen nämlich die Passagierfähren aus Danzig an. Nun ja, man kann spazieren gehen, teuer essen und sonst eigentlich nichts.
9. Etappe von Danzig nach Luzino - Der Weg führte uns nun ins Land der Kaschuben. Es ist ein westslawischer Volksstamm mit eigener Sprache, die immer noch gepflegt wird. Häufig sieht man hier Hinweisschilder in 2 Sprachen. Auch dieser Aufenthalt hat etwas mit meinen Vorfahren zu tun, denn hier lebten meine Ur-Großeltern, Großeltern und mein Vater wurde hier in Strebielin geboren. So fuhren wir zu einigen Dörfern und Städten und ich suchte die Vergangenheit. Ein Haus habe ich gefunden und zwar in Rosochy, welches noch genauso aussieht, wie auf einem alten Foto. Die meisten anderen gab es schon lange nicht mehr.
Einen anderen Tag planten wir eine größere Tour, diese fiel aber ins Wasser, denn wir verfuhren uns und brauchten für 40 Kilometer fast 3 Stunden, da ist uns der Spaß dann vergangen, außerdem machte ich einen kleinen Abflug.
10. Etappe von Luzino nach Stettin - nun befinden wir uns schon wieder auf dem Rückweg. Stettin liegt nahe der deutschen Grenze. Die Beschaulichkeit der Kaschubei ist vorbei, das Leben hat uns wieder. Stettin ist wieder eine Stadt, die uns prima gefällt. Wir besorgen uns einen großen Stadtplan und laufen alle Sehenswürdigkeiten ab, na ja fast alle. Damit waren wir Stunden beschäftigt und sind mehr als sieben Kilometer gelaufen.
11. Etappe von Stettin nach Brokheide, durch die Zahngeschichte von Friedrich haben wir unseren Rückweg anders gelegt als geplant. So besuchten wir noch einmal Janett in ihrer Zahnarztpraxis und ließen alles nachschauen, ob die Klinik in Polen auch gut gearbeitet hatte. Ja, hatte sie. Wir machten einen kleinen Stadtrundgang durch Beelitz und besuchten das Hans-Grade-Museeum in Borkheide und bekamen ein paar alte Schätzchen zu sehen, wie eine Iljushin IL-18D und eine Sikorsky.
Von der 12. und letzten Etappe nach Hause gibt es keine Bilder mehr, wir sind 2946 Kilometer gefahren und es war eine sehr facettenreiche Tour, die uns sehr gut gefallen hat.
Den ausführlichen Reisebericht in findet Ihr in meinem Reiseforum:
Reisebericht - Motorradtour nach Polen
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