Reisebericht Bredene, De Haan und Brügge
2 Küstenstädte und 1 Hauptstadt in Westflandern
unser Trip vom 14.-16. August 2003
Wir befanden uns noch in den Pyrenäen und machten dort Urlaub. Wir hatten schon die ganze Zeit hin und her überlegt, wo wir denn diesmal auf der Rückfahrt eine Übernachtung einlegen sollten. Da kamen wir auf die Idee doch noch 3 Tage an der belgischen Küste zu verbringen. Dort waren wir in den 80er Jahren oft gewesen.
Warum eigentlich nicht?
So riefen wir per Handy meinen Sohn Michael in Deutschland an, damit er uns die Telefonnummer des Hotels in Bredene raussuchte, wo wir damals immer übernachtet haben. Kurz hinter Toulouse haben wir das Hotel erreicht und buchten ein Zimmer für 3 Tage.
Was für ein Glück, wir bekamen sofort eine Zusage. Wie sich später herausstellte, haben wir das letzte freie Zimmer bekommen, entlang der gesamten Küste war kein einziges Zimmer mehr zu bekommen, wie uns am nächsten Tag ein enttäuschter Gast erzählte, der abreisen musste und uns wegen dem Zimmer beneidete.
Wir hatten eine lange Fahrt vor uns, insgesamt 1.131 km, aber wir kamen gut voran. Diesmal machten wir keinen Abstecher in die Innenstadt von Paris, aber liefen dennoch Gefahr, uns zu verfahren. Aber auch das meisterten wir. Wir kennen uns ja schließlich aus! Diese ganzen Autobahnen, die um Paris herumführen, da muss man höllisch aufpassen, dass man nicht ganz woanders auskommt, als man eigentlich will...
Das eigentliche Problem fing da an, als wir feststellten, dass wir keine vernünftige Karte von Belgien hatten. In den Europa-Straßen-Atlanten ist Belgien zwar eingezeichnet, aber meist so klein, dass wir nur eine grobe Richtung hatten. Irgendwann entschieden wir, nicht mehr Autobahn zu fahren, sondern die schöne Landschaft Belgiens ein wenig zu genießen und bogen auf die Landstraße ab.
Ich will es abkürzen, unsere Erinnerung funktionierte nicht. Wir waren hoffnungslos verloren, sahen wunderschöne kleine Dörfer, Gehöfte, aber ein Hinweisschild nach Brügge, Bredene oder überhaupt nur Küste, das suchten wir lange vergebens. Die Namen, die uns von den Schildern *anlachten*, waren unbekannt. Als wir feststellten, dass wir mindestens 30 km im Kreis gefahren sind, haben wir uns auf die Suche nach der Autobahn gemacht. Natürlich kamen wir irgendwann in Bredene an und fanden das Europa-Hotel auch auf Anhieb! Ein schönes Zimmer, privater Parkplatz und nur 100 m von den Dünen entfernt.
Bredene ist eine schöne und mittlerweile sehr belebte Stadt an der flämischen Küste und liegt zwischen Ostende und De Haan an der belgischen Nordsee. Schnell die wichtigsten Sachen aus dem Auto ausgepackt, umgezogen (in Belgien war es mindestens 15° Grad kälter als in Südfrankreich) und dann ab zum Meer. Es gibt keinen Deich in Bredene, der breite Dünengürtel bildet einen natürlichen Schutz für die dahintergelegenen Gebiete. Nach den Dünen kommt der Strand und dann das Meer.
Wir genossen die kühle Meeresbrise, es war gerade Ebbe und liefen am Strand entlang. Einfach wunderschön...
Am nächsten Morgen nach dem Frühstück packten wir unsere Strandsachen und verlebten einen herrlichen Vormittag am Meer - um diese Zeit - mit Tausend anderen - sammelten Muscheln, bauten Burgen...
Am frühen Nachmittag fuhren wir mit der Küstenstraßenbahn nach De Haan, ein ruhiger und eleganter Badeort. Die Küstenstraßenbahn fährt von De Panne entlang der gesamten belgischen Küste bis nach Knokke, insgesamt 70 Haltestellen! Mit Sicherheit bequemer als mit dem Auto, vor allem in der Hochsaison.
Angekommen in De Haan fielen uns schon die hübsche Häuser mit Fachwerkgiebel, roten Dächern, kleinen Türmchen und Balkonen auf. De Haan ist anders als Bredene. Wir gingen durch die beschauliche Stadt, machten Halt am Kinderspielplatz und kamen zur Strandpromenade.
Dahinter ein herrlicher weißsandiger Strand, Kinder ließen mit ihren Vätern Drachen steigen, wir sahen Kitesurfer, Kitesurfen ist eine rasante, kraftvolle Sportart. Der Surfer steht auf einem kleinen Brett und lässt sich mit einem Lenkdrachen übers Meer ziehen. Durch die Schnelligkeit kommen auch waghalsige Sprünge und Flüge zustande. Faszinierend anzuschauen.
Wir suchten uns ein gemütliches Lokal an der Strandpromenade und genossen die berühmten belgischen Fritjes und andere flämische Köstlichkeiten.
Mit der Küstenbahn fuhren wir nach Bredene zurück. Es hieß mal wieder Koffer packen, der Urlaub neigt sich dem Ende entgegen.
Für den nächsten Tag war noch ein Highlight geplant. Wir wollten Brügge einen Besuch abstatten.
Brügge gehört zu den Städten, wo ich immer wieder gerne hinfahre. Diese geschichtsträchtige Stadt übt so viel Anziehungskraft aus, da muss man einfach von Zeit zu Zeit wiederkommen.
Nur 15 km von der Küste entfernt liegt Brügge, die schöne Stadt. Historische Bauwerke, Kirchen, Museen, romantische Kanäle, malerische Häuser, kleine Gässchen, ein Schmuckkästchen aus dem Mittelalter. Brügge entdeckt man am besten zu Fuß, denn die Stadt ist so klein, dass man ganz einfach in einer halben Stunde von einer Seite zur anderen laufen kann.
Brügge ist die Hauptstadt von Westflandern und durch einen Großschifffahrtskanal mit Zeebrugge verbunden. Bereits im 8. Jahrhundert erwähnt wurde Brügge im 13. Jahrhundert zum Stadtplatz der Hanse und nahm eine führende Rolle innerhalb Flanderns ein. Nach Versandung der Fahrrinne des Zwirns nach Brügge und durch den rückläufigen Tuchhandel verlor die Stadt ihre Vormachtstellung zugunsten Antwerpens.
Erst im 20. Jahrhundert setzte ein neuer Aufschwung ein. Die Altstadt Brügges wurde im Jahre 2000 durch die UNESCO zum Weltkulturerbe erklärt.
Wir fuhren früh morgens in die Stadt, fanden einen Parkplatz, was nicht immer einfach ist. Bei einen unserer vorherigen Besuche, hatte die belgische Polizei unser Auto abgeschleppt, das wir erst nach langer Fahrt im *vergitterten Knastologenwagen* und hoher Strafgebühr wiederbekamen.
Zunächst kamen wir an der St Jakobskirche vorbei, die um 1240 gebaut wurde. Geht man die St. Jakobstrasse weiter, kommt man automatisch auf den Groote Markt. Dort sahen wir die vielen historischen Häuser, früher meist Lager- und Markthallen, das neogotische Regierungsgebäude (1882-1921) und natürlich den Belfried. Der Belfried war das Symbol der Freiheit. Diesmal sind wir nicht die 366 Stufen der Wendeltreppe hochgegangen, da wir Jenni mithatten und wir befürchteten, dass sie es nicht schaffte.
Von oben genießt man einen tollen Ausblick auf die Stadt, sofern das Wetter gut ist. Im 88 m hohen mittelalterlichen Belfriedturm (13.-15. Jh.) befindet sich eine Schatzkammer und das beeindruckende Uhrwerk und zum Glockenspiel mit 47 Glocken.
So ziemlich in der Mitte des Marktes ist ein Standbild zweier örtlicher Volkshelden und zwar Jan Breydel und Pieter De Coninck. Sie spielten eine führende Rolle im Widerstand gegen die Franzosen im Jahr 1302.
Vom Markt gingen wir zum Burgplatz und waren baff erstaunt. Der Platz war eine offene Bühne, am Abend sollte hier eine Vorstellung des Figaros stattfinden. Schade, das hätten wir wissen sollen. Da wären wir gerne dabei gewesen. Im Gebäude Burg 11 befindet sich die Tourismus-Information. Dort besorgten wir uns zunächst ein paar Broschüren.
Am Burgplatz sind viele interessante Gebäude zu besichtigen.
Zunächst das Rathaus, eines der schönsten und ältesten Gebäude. Es wurde in der Zeit 1376-1420 errichtet. Gleich daneben ist die Alte Kanzlei, ein wunderschönes Gebäude im Renaissancestil (1535-1537).
Die Heilig-Blutbasilika besteht aus zwei übereinandergebauten *Kirchen*. Unten ist die Baseliuskapelle und oben die eigentliche Heilig-Blutkapelle. In dem dazugehörigen Museum ist eine Ausstellung von Reliquienschreinen, kirchlichen Gewändern und vielen Gemälden.
Die Propstei, der ehemalige Sitz der St. Donatianskathedrale liegt auf der anderen Seite des Rathauses. Hier wurde die Gerichtsbarkeit ausgeübt. Dieses Haus ist im Barockstil (1665-1666) erbaut. Oben ist die Göttin der Gerechtigkeit, Themis, zu sehen.
Zwischen dem Rathaus und der Probstei ist ein herrliches Gewölbe, wir gingen hindurch (Blinde Ezelstraat) und kamen zum Fischmarkt.
Jenni wollte gerne mit dem Boot auf den Grachten fahren und die Stadt vom Wasser aus erkunden. Gleich hinter der Ezelstraat befindet sich eine Bootsanlegestelle. Da es Wochenende war, mussten wir einige Zeit warten, aber dann ging es endlich los.
Wir starteten eine romantische Bootsfahrt durch die Grachten von Brügge. Diese Fahrt habe ich schon so oft mitgemacht, aber ich kann davon einfach nicht genug bekommen.
Eine halbe Stunde genießen wir die Impressionen der Stadt Brügge vom Boot aus. Wir sehen die alten verschwiegenen Hinterfronten von schmalen Backsteinhäusern.
Erwischen hier und da einen kleinen Einblick in die grünen Gärten, hören gebannt dem Fahrer zu, der charmant über die alten Zeiten der Handwerker und Kaufleute erzählt, die aus ganz Europa kamen und sich am Warenumschlag beteiligten. Feinste Brüsseler Spitze und flämisches Tuch wurde bis nach Russland und Venedig verkauft.
Ungefähr 80 Brücken verleihen Brügge den Charme und den Namen Venedig des Nordens. Die 2 ältesten Brücken sind die Meebrug und die Peerdenbrug. Unterwegs mussten wir ab und zu unsere Köpfe einziehen und die Hände im Boot lassen...
Die Portersloge (deutsch: Bürgerloge) ist der frühere Sitz der Kaufleute. Davor steht das Denkmal von Jan van Eyck, dem berühmten Maler aus Brügge ("Genter Altar"). An der Portersloge befindet sich an einer Hausseite in einer Nische ein großer steinerner Bär, das Wappentier von Brügge. Er heißt "Bertje" und soll der Legende nach der erste Einwohner der Grachtenstadt gewesen sein. Dies schrieb mir ein netter Reiseleiter für Belgien, da ich ursprünglich altes Zollhaus anstatt von der Portersloge geschrieben haben. Vielen Dank noch einmal für den netten Hinweis!
Der Turm der Liebfrauenkirche ist 122 m hoch. Die Kirche stammt aus dem 13.-15. Jahrhundert. Dort findet man neben der Madonna mit Kind von dem berühmten italienischen Künstler Michelangelo, auch die Grabmale von Karl des Kühnen und seiner Tochter Maria von Burgund. Im alten Zollhaus wurden früher die Zölle auf die per Schiff importierten Waren erhoben.
Minnewater ist ein ehemaliger Binnenhafen und Anlegestelle für Treckschuten, damals waren das die wichtigsten Transportmittel von und nach Gent. Heute ist es ein idyllisches Plätzchen nicht nur für Verliebte...
Die wunderschöne Fahrt mit dem Boot geht zu Ende.
Wir nehmen viele Eindrücke mit und steuern noch einmal den Groote Markt an. Es ist so herrliches Wetter, da wollen wir uns einen Kaffee gönnen. Wir studieren die Karten der verschiedenen Lokale und stellen fest, dass die Preise ganz schön gesalzen sind. Wir lassen uns die Stimmung nicht verderben, nehmen eben nur einen Kaffee. Jenni bekommt vorher ein Eis gekauft. Ja, sie darf damit auch rein. Wunderbar, wir genießen den sündhaft teuren Cappuccino und sehen den Pferdekutschen nach, die hier am Markt zu ihrer Runde starten. Manchmal tun sie mir richtig leid! Interesse finden natürlich auch die hier abgestellten Motorräder...
Unsere Zeit ist vorbei, wir laufen diesmal eine andere Straße zurück zu unserem Auto. Alles noch da, kein Knöllchen. Unterwegs kaufen wir noch für jeden ein leckeres belegtes Brot und dann geht es zurück in die Heimat. Wir schauen noch kurz bei meinem Bruder in der Eifel vorbei und sind am Abend wieder in Euskirchen. Gerta und ihr Gepäck lassen wir zurück, am nächsten Morgen fahren Jenni und ich wieder nach Sülbeck.
Und wieder ist ein wunderschöner Urlaub zu Ende!
Diese Belgienfahrt war der Abschluss unserer großen Frankreichreise.
Nachtrag:
2022 war ich noch einmal mit Friedrich in Brügge. Auch dieses Mal war es der Abschluss unserer Frankreichreise: